Schilf am Neusiedler See: Kommt das Brandmanagement?

Vor bald einem Jahr wurde bei Jois - wissenschaftlich begleitet - Schilf in Brand gesetzt. Der Test sollte Aufschlüsse über den Einsatz kontrollierter Feuer bringen. Ein Ergebnis wird für das erste Quartal 2025 erwartet.

300 Feuerwehrleute waren im Einsatz, 200 Hektar sollten im Jänner, bei Eis und ein bisschen Schnee abgebrannt werden. Auch Klimaministerin Leonore Gewessler war angereist, um dem wissenschaftlichen Großversuch beizuwohnen. Wir haben berichtet.

Der Zweck der Übung: Der Schilfgürtel des Neusiedler Sees, der sich auf einer Fläche von rund 180 Quadratkilometer zwischen Österreich und Ungarn erstreckt, ist in keinem guten Erhaltungszustand. Ungefähr die Hälfte der Schilfbestände, so berichtete kürzlich ein Experte nach einem Überflug, sind degradiert. Das Problem: Das Schilf bricht zusammen und legt sich als Knickschilf äußerst ungünstig über die Böden. Die Matten, die sich bilden, behindern die wichtige Schilfverjüngung massiv, während selbst die Altschilfspezialisten unter den Vögeln hier kaum noch brauchbare Lebensräume vorfinden.

Da Schilfschneider aufgrund der klimabedingt warmen Winter kaum noch Eisflächen vorfinden, um Schilf zu schneiden, um so zugleich für eine Verjüngung der Bestände zu sorgen, breitet sich das degradierte Schilf weiter aus. Kein Wunder, dass sich nahezu alle, bis zum Naturschutz, einig sind, dass als „ultima ratio“ (BM Leonore Gewessler) kontrollierte Feuer als Pflegemaßnahme zum Einsatz kommen könnten.

Einzige Hürde: Das in Österreich strenge Luftreinhaltegesetz. An sich eine Errungenschaft, deshalb bräuchte es für diesen Fall eine Ausnahmeregelung. Immerhin handelt es sich beim Neusiedler See um ein international bedeutendes Ökosystem, das gleich mehrfach unter Schutz steht (Ramsar Feuchtgebiet, Natura 2000-Gebiet, Nationalparkregion). Der Schutz ist mit dem Gebot verknüpft, einen guten Zustand zu erhalten oder zu verbessern. Im Nationalpark würde das Brandmanagement nicht zum Einsatz kommen, auch wenn sich Direktor Johannes Ehrenfeldner ganz klar für diese Pflegemaßnahme ausspricht.

Die Erwartungen sind also hoch. Beim Test im Jois vor einem Jahr wollte sich zwar nur ein kleiner Teil der anvisierten 200 Hektar in Brand setzen lassen. Dennoch sollten die Ergebnisse der verschiedenen Departments, die von der Biologischen Station in Illmitz koordiniert werden und dort zusammenlaufen, als Entscheidungsgrundlage ausreichen.

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Beteiligt sind u.a. die BOKU Wien, die die Kohlenstoffbilanz und die klimatischen Auswirkungen untersucht hat; die TU Wien, die an einem Biomassemodell gearbeitet hat; Geosphere Austria, das eine Emissionsmodellierung der Luftschadstoffe vorgenommen hat; die DWS Hydro-Ökologie, die die Auswirkungen auf die Wasserökologie untersucht hat; sowie WWF und Birdlife, die sich Brandschutzmaßnahmen auf Schutzflächen im internationalen Vergleich sowie dem Vogel-Monitoring gewidmet haben.

„Kontrolliertes Abbrennen ist absolut notwendig“

Nach dem Eintreffen der letzten Berichte sollte das umwelttechnische Monitoring demnächst abgeschlossen sein. Für das erste Quartal 2025 wird auf Basis der wissenschaftlichen Auswertung ein Ergebnis erwartet. Die für Naturschutz zuständige Landesrätin Astrid Eisenkopf äußerte sich bereits mehrfach positiv zu einem möglichen Brandmanagement und wies in Jois darauf hin,

„dass wir innerhalb des Natura 2000-Gebietes eine Verpflichtung haben, den Lebensraum Schilf zu erhalten und nachhaltig zu verbessern. Ein Brandmanagement und damit ein kontrolliertes Abbrennen wird uns von zahlreichen Expertinnen und Experten empfohlen und ist aus unserer Sicht deshalb absolut notwendig.“

Astrid Eisenkopf

Sobald die Abschlussberichte an das Klimaministerium gegangen sind – dort hatte man auf Nachfrage noch keine Ergebnisse erhalten – liegt es am Umweltministerium, eine Entscheidung zu treffen. Wird es eine Verordnung für eine Ausnahmeregelung zum Gesetz geben, oder scheitert dieser Pflegeansatz letztlich an einer zu hohen Emissionsbelastung?

Für den Fall eines positiven Bescheids plädieren Experten wie Bernhard Kohler (WWF) für einen Managementplan, um die Planung und Koordinierung der nächsten Schritte vorzubereiten. Kohler, der im Rahmen von Forschungsprojekten schon viele Jahre mit dem Schilfgürtel befasst ist, hält dabei einen zeitlichen Abstand von zehn bis 15 Jahren für Brandmaßnahmen für realistisch. In seinem Kommentar sieht er die Möglichkeit, durch ein Rotationssystem verschiedener Maßnahmen wieder eine günstige Altersstruktur der Schilfbestände zu erzielen. Kontrollierte Feuer wären laut Kohler eines der wesentlichen Tools.

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