Das EU-geförderte Projekt F.O.S.T.E.R. (Future Oriented Solutions Toward Environmental Resilience) findet in acht Ländern des Donauraums statt und versucht, mit Stakeholdern aus verschiedenen Bereichen Wege gegen Wassermangel und für ein nachhaltiges Wassermanagement aufzuzeigen. Das Projekt wurde von der Foster Europe Foundation initiiert und wird mit den Kooperationspartnern Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel und Verein Zukunft Region Neusiedler See umgesetzt.
Die Auftaktveranstaltung im Weinwerk Burgenland in Neusiedl am See signalisierte bereits, dass es sich beim Thema Wasser um eine Querschnittmaterie handelt. Am Panel waren Akteure aus den Bereichen Landwirtschaft, Naturschutz, Tourismus, sowie der Gemeinden und der Wasserwirtschaft vertreten. Das Referat Wasserwirtschaft konnte der Einladung leider nicht folgen. Bei den kommenden Veranstaltungen soll jeweils ein vertiefender Blick auf einen Aspekt gelegt werden. Ziel des Projekts ist es, gemäß der Foresight Strategy durch den Dialog zwischen den Stakeholdern die Resilienz der Region zu erhöhen.
Klimawandel verschärft menschliche Eingriffe im Seewinkel
Einen präzisen Überblick über die aktuelle Situation im Seewinkel gab Alexander Mechtler vom Ingenieurbüro „Gruppe Wasser“. Hunderte Kilometer Kanäle entwässern das Gebiet, und tragen damit massiv zum Verlust von Wasser im System des Seewinkels bei. Eine zentrale Rolle spielt dabei auch der vor über 100 Jahren errichtete Einser-Kanal (Hanság-Hauptkanal/Hansági-főcsatorna), der südöstlich des Neusiedler Sees auf ungarischem Gebiet liegt. Aufgrund der nicht verdichteten Bauweise der Dämme sammelt sich dort Sickerwasser, das auf diese Weise über die Donau Richtung Schwarzes Meer für die Region verloren geht.
Neben diesen historischen Eingriffen zur Entwässerung des Gebietes verschärft der Klimawandel zunehmend die Situation: Steigende Temperaturen führen zu höheren Verdunstungsraten, während durch ungünstig verteilte Niederschläge den Böden weniger Wasser zur Verfügung steht. In den vergangenen Dürrejahren zeigte sich die Vulnerabilität der ökologisch sensiblen Region rund um den Steppensee.
Machbarkeitsstudie zeigt Lösungen auf
Bereits seit 2021 liegt mit der Machbarkeitsstudie, die die Gruppe Wasser im Auftrag des Landes erstellt hat, ein umfassender Lösungsansatz vor. Mehr dazu finden Sie hier. Anhand einiger Auszüge aus der Studie skizzierte Mechtler, wie der Seewinkel wieder durchfeuchtet werden könnte. Die Voraussetzung dafür ist es, jeden Tropfen Wasser in der Region zu halten.
Deshalb soll Wasser, das über eingebaute Sperren in bestehenden Kanälen gestaut wird, nicht länger abgeleitet, sondern gezielt zur Versickerung gebracht werden. Damit könnten die Niederschläge effizienter zur Anreicherung von Grundwasser beitragen. Zugleich wäre eine Direktentnahme von Wasser aus den Gräben zur Bewässerung angrenzender Agrarflächen möglich. Auf diese Weise würde die Regeneration der Grundwasserkörper gefördert.
Die spezielle Herausforderung dabei ist, dass kleinteilig in einigen Gebieten der Grundwasserspiegel zu erhöhen ist, während er in unmittelbarer Nähe gesenkt werden muss, um im Siedlungsbereich Kellervernässungen zu verhindern.
Als weitere wichtige Maßnahme beschrieb Mechtler den Bau von Begleitkanälen entlang des Einser-Kanals. Die nicht verdichtete Bauweise der Dämme des Kanals führt zu hohen Verlusten von Wasser, das im System gehalten werden könnte. (Mehr zum aktuellen Stand von Ober- und Unterwasser im Seerandwehr finden Sie auf Wasserportal Burgenland.)
Für jene zeitlichen Phasen, in denen durch Niederschläge zu wenig Wasser in das Verteilungssystem eingebracht werden kann, sieht die Studie eine Zufuhr von Fremdwasser in den Seewinkel vor. Derzeit verhandelt das Land Burgenland mit Niederösterreich über eine Dotation von Donauwasser, das für eine weitere Anreicherung der Grundwasserkörper bzw. eine landwirtschaftliche Nutzung verfügbar sein soll. Ein komplexes Projekt, das noch Jahre dauern kann.
Grundwasser: Relevanz für Naturschutz und Tourismus
Alois Lang, Regionalentwickler und langjähriger Mitarbeiter des Nationalparks Neusiedler See – Seewinkel, wies auf die Bedeutung intersektoraler Ansätze insbesondere in Bezug auf die Ressource Wasser hin. So zeige sich etwa am Beispiel der Sodalacken, wie wichtig ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Grundwasser ist, da Wasser nicht nur wichtig für die Landwirtschaft sei, sondern auch für den Tourismus der Region. Das zeige sich am Beispiel der in Mitteleuropa einzigartigen Salzlacken. Sie bezeichnete Lang als ein Highlight für den Naturtourismus, das aber massiv durch eine kontinuierliche Wasserentnahme gelitten habe.
Warum heute praktisch keine der wenigen verbliebenen Sodalacken in einem guten Erhaltungszustand ist, erklärte Harald Grabenhofer, Koordinator der Forschung im Nationalpark Neusiedler See. Die jahrelange Wasserentnahme habe dazu geführt, dass die Lacken den Kontakt zum Grundwasser verloren haben. Dadurch ging die lebensnotwendige Versorgung mit Salzen verloren – die Lacken süßen aus, der Lackenboden wird undicht und die tausende Jahre alten Sodalacken mit ihrer speziellen salztoleranten Vegetation verlanden.
In Zusammenarbeit mit dem Hauptreferat Wasserwirtschaft des Landes und der Gruppe Wasser werden in den kommenden Jahren im Rahmen des mit 12 Millionen Euro dotierten EU-Projekts LIFE Pannonic Salt mehrere Maßnahmen zur Rettung der Salzlacken gesetzt: Grundwasserspiegel werden angehoben, Schilfröhrichte entfernt, der Gesamtzustand der im Nationalpark befindlichen Lacken verbessert.
Dass auch die Landwirtschaft ihren Beitrag zum Umgang mit der Ressource Wasser, aber auch hinsichtlich der Biodiversität in der Region leisten möchte, betonte Werner Falb-Meixner. Der Vize-Präsident der Burgenländischen Landwirtschaftskammer, der selbst Bio-Landwirt ist, wies aber auch auf die dramatischen Entwicklungen der Landwirtschaft hin. Das „Bauernsterben“ setze sich auch im Burgenland fort, kaum ein kleiner und mittlerer Betrieb, der heute noch seine Existenz ohne Nebeneinkünfte sichern könne. Dabei würden neben marktspezifischen Fragen auch die Auswirkungen der Klimaerwärmung eine immer spürbarere Rolle spielen.
Das bestätigte auch Johannes Mezgolits, Bürgermeister von Donnerskirchen. Er berichtete darüber, mit welchen Herausforderungen die Gemeinden mittlerweile durch die Klimakrise zu tun hätten. Donnerskirchen, zwischen dem Neusiedler See und dem Leithagebirge gelegen, würde zunehmend durch Starkregenereignisse betroffen sein. Die Gerinne zur Ableitung von Regenwasser reichten mittlerweile nicht mehr aus, weil sich das Wettergeschehen zunehmend extrem entwickle: Einerseits gäbe es viel Trockenheit, in denen die Abläufe kein Wasser führen; andererseits käme es bei starken Regenfällen zu Sturzfluten, die durch eine neue Infrastruktur bewirtschaftet werden müssen. Auch aus Sicht der Gemeinden sei es notwendig, Investitionen zu setzen, um Folgeschäden zu vermeiden.
Einen größeren Blick auf den Donauraum warf schließlich Birgit Vogel, Leiterin der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD). Sie berichtete davon, dass mittlerweile Dürren mehr Schäden anrichten als Hochwässer, weshalb man verstärkt auch in diesem Bereich forschen wolle. In zwei Donau-Anrainerstaaten, Tschechien und Rumänien, seien bereits Managementpläne für Dürren erarbeitet worden. Derzeit erarbeite man zudem eine Wasserbilanz, um zu erfassen, wieviel Wasser der Donau zugeführt, aber auch entnommen werde. Diese Erhebung gab es, so Vogel, bislang nicht.
Relevant ist der ökologische Zustand der Donau, aber auch deren Wasserführung für die Region Neusiedler See insofern, als zukünftig Donauwasser in den Seewinkel eingeleitet werden soll. Für das ehemalig ausgedehnte Feuchtgebiet würde in diesem Fall die Verfügbarkeit von Donauwasser und dessen Qualität eine entscheidende Rolle spielen.
Ein knappes Dossier zu den Entwicklungen in der Region Neusiedler See findet sich in der Kleinen Zeitung. Der visuell gut aufbereitete Beitrag bietet einen Überblick über die Welterbe-Region rund um den See mit ihren spezifischen Werten.
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