Ein symptomatisches Wochenende: Dunkle Gewitterwolken bauen sich am 7. Juni (Foto) über dem Seehof in Donnerskirchen auf, ein mächtiger Sturm hebt an. Das ist zwar nicht Regen in jener Form, in der man ihn im Seewinkel herbeisehnt, dennoch wären Niederschläge nach der jüngsten Trocken- und Hitzeperiode hochwillkommen. Am Ende hat sich aber auch dieses vermeintliche Gewitter wieder verzogen – und der Landstrich östlich des Neusiedler Sees bekam neuerlich nichts ab.
Entschieden handeln – aber wann?
Wir erinnern uns: Im September 2024 kam es in Teilen Österreichs zu massiven Hochwässern. Die Wassersäule stieg auf 248 Millimeter und überragte die Nachbarmonate August und Oktober um das zweieinhalbfache. Die Aufräumarbeiten dauerten Monate, das WIFO berechnete Kosten von 1,3 Milliarden Euro (ohne Schäden der Infrastruktur der Bahn). Danach folgte der trockenste Winter seit fast 30 Jahren. Das blieb dann auch so in Ostösterreich, bis auf ein paar feuchte Tage zwischendurch.
Hochwässer können verheerend sein. Die Dürre aber auch. Ein Diagramm der Österreichischen Hagelversicherung zeigt, dass längere Trockenphasen die größten Schäden für die Landwirtschaft produzieren.

Insgesamt produzierten Extremereignisse, als Teil der Klimaerwärmung, vergangenes Jahr 260 Millionen Schäden für die Landwirte. Trockenheit und Hitze sorgen für steigende Verdunstungsverluste. Der zweite österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel zeigt, dass sich Österreich mit 3,1 Grad fast doppelt so stark erwärmt hat wie die globale Durchschnittstemperatur. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig tönte, hier zeige sich, „wohin wir steuern, wenn wir nicht entschlossen handeln.“ Derzeit hat Österreich kein Klimagesetz, bei klimawirksamen Maßnahmen wird gespart.
Auf Niederschläge kann man sich aber nicht verlassen. In der pannonischen Klimazone gibt es statistisch gesehen nur halb so viel Niederschläge wie in Westösterreich. Ein Blick auf die Karte Mitte Juni zeigt ausschließlich graue Kreise: 0 Millimeter Regen.

Grundwasserspiegel: Tendenz sinkend
Die blaue Linie markiert den Grundwasserstand 2025, dieser verläuft durchwegs unter oder knapp am langjährigen Mittel. Trotz des trockenen Winters haben die Grundwasserkörper – und auch der davon unabhängige Neusiedler See – von den verhältnismäßig höheren Niederschlägen der vergangenen eineinhalb Jahre profitiert.
Mit dem Beginn der Vegetationsperiode, den seither anhaltend geringen Niederschlägen, den steigenden Temperaturen und den daraus resultierenden Zugriffen der Landwirtschaft auf das Grundwasser sinkt auch das Grundwasser.
Seewinkel: Komplexes hydrologisches Zusammenspiel
Seit 2021 liegt eine Machbarkeitsstudie zur Dotation des Seewinkels durch Fremdwasser aus der Donau und einem System aus Kanälen, Wehren und Versickerungspunkten vor. Ziel ist es, das Dargebot zu verbessern. Das bedeutet konkret, die Grundwasserkörper zu entlasten, indem Regenwasser in aufgestauten Kanälen versickern kann, während die Landwirtschaft auf zusätzlich eingebrachtes Fremdwasser zugreift. Auch der Naturschutz soll davon profitieren, die restlichen Sodalacken (einzigartig in Mitteleuropa) sollen durch die punktuelle Anhebung der Grundwasserstände vitalisiert werden.
Als erster Schritt wurden mittlerweile einige provisorische Staustufen im Seewinkel reaktiviert oder neu errichtet. Freilich sind es hunderte Kilometer Entwässerungsgräben (manche sprechen von 2000 Kilometer), die das Gebiet des Seewinkels und des Hansag durchziehen. Das wertvolle Nass sickert und fließt Richtung Einser-Kanal und Donau ab.

Im Rahmen des LIFE Pannonic Salt Projekts für den Erhalt der Sodalacken wird der Prozess der „Durchfeuchtung“ des Seewinkels fortgesetzt. Das ist zugleich ein erster, kleiner Schritt zur Umsetzung des gesamten Wasserbewirtschaftungsplans für die Region. Die Stauwirkung aktiver Wehre brachte Aufschlüsse darüber, wie sich die Maßnahmen auf die umliegenden Gebiete auswirken. Mithilfe der gewonnen Daten soll das vorhandene Grundwasserströmungsmodell verfeinert werden. Dazu dient eine Computersimulation, die ein präziseres Vorgehen ermöglichen soll.
So will man etwa auch die vielzitierten Kellervernässungen in Siedlungsbereichen verhindern. Etwa in Apetlon. Dort soll der Grundwasserspiegel durch steuerbare Wehre abgesenkt werden, während er nur unweit, im Bereich der Salzlacken, höher gespannt wird. In der Machbarkeitsstudie heißt es dazu:
Der Drainagering um Apetlon ergibt eine deutliche Absenkung im Ortsgebiet, womit gezeigt wird, dass eine Grundwasseranhebung ohne nachteilige Auswirkungen auf das Siedlungsgebiet möglich ist.
In der Modellprognose der Studie wurden drei Wehranlagen für Arbesthau, Martentau und Leisser Kanal sowie ein Drainagering und Pumpanlagen um den Ort eingeplant.
Wasser aus der Donau, Wasser von oben?
Fehlt das Wasser, fehlt aber auch diesen Plänen ein entscheidendes Detail. Bis Wasser aus der Donau den Seewinkel hinunterfließt, wird es noch einige Jahre dauern. Die passende Route, Grundstücke, Infrastruktur, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP; für Ende des Jahres angekündigt) und die Bauwerke im Seewinkel selbst sind nur einige der notwendigen Schritte. Wie das Wasser verteilt, wie und an welchen Stellen es versickert wird, gilt es zu klären. Der Ökologe (WWF) Bernhard Kohler plädiert dafür, eher kein Donauwasser in die die Grundwasserkörper einzubringen, sondern der Landwirtschaft eine direkte Bewässerung zu ermöglichen.
Kohlers Einwand: Donauwasser könnte mit Schadstoffen und unerwünschten Organismen zu neuen Problemen im Grundwasser führen. Andererseits sollte der Bau neuer Kanäle – wenn auch zur Verteilung des Wassers – möglichst gering gehalten werden. Tatsächlich sieht die Machbarkeitsstudie einen direkten Zugriff zur Beregnung landwirtschaftlicher Felder vor. Mehr zu den Dotationsplänen von Alexander Mechtler, Geschäftsführer der „Gruppe Wasser“, in diesem Video.
Ein Vorschlag Kohlers ist es, vorhandene Niederschläge wieder stärker in die Kreisläufe einzubringen. Angesichts der prognostizierten – und bereits beobachteten – Häufung von Extremereignissen könnten auch Starkregen genutzt werden, um große Wassermengen, die in kurzer Zeit vom Himmel kommen, im System zu halten – anstatt sie abzuleiten. Doch auch hier wäre zu klären, wo und ob solche Flächen verfügbar sind und wie das zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Schutzgebietsansprüchen in der Region vereinbar wäre.
Relevante Niederschläge sind für das erste Halbjahr 2025 in der Region jedenfalls kaum zu verzeichnen. Auch wenn sich das kurzfristig ändern kann, wie der vergangene September gezeigt hat. Fest steht, dass sich viele der Grundwasserstände bereits im unteren Bereich bewegen. Die Situation bleibt angespannt.
Donnerskirchen liegt bei den Niederschlägen (blau) sogar 100 Milliliter unter dem langjährigen Mittel – und fast 200 Milliliter unter dem Jahr 2024 (grün).
