Neusiedler See: Wasserstand erreicht langjährigen Mittelwert

Seit vier Jahren war der Wasserstand um diese Jahreszeit nicht so hoch. Doch was bedeutet das konkret? Welche Maßnahmen sind für günstige Wasserstände geplant?

Der Wasserstand des Neusiedler Sees hat nach mehreren Jahren im Frühsommer zumindest an einem Tag das langjährige Mittel erreicht. Das bietet Grund zur allgemeinen Freude und führt – die heurige Saison betreffend – zu einem gewissen Optimismus. Ein Blick auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre hilft aber, die aktuelle Situation richtig einzuordnen.

Am 17. Juni hat der Wasserstand des Neusielder Sees bei der Messstation Illmitz, Biologische Station, für einen Tag den langjährigen Mittelwert egalisiert. © by Wasserportal Burgenland

Der Verlauf der Wasserstandsganglinie liegt damit deutlich über der des vergangenen Jahres. Ist damit eine Trendwende hin zu Jahren mit mehr Niederschlägen zu erwarten? Das lässt sich nicht vorhersagen. Fest steht, dass die 2023, 2021, 2020 und auch das heurige Jahr deutlich unter dem mittleren Wasserstand lagen.

Die grau eingefärbte Fläche zeigt den Schwankungsbereich zwischen minimalen und maximalen Wasserständen eines Jahres. Auch 2024 liegt unter Durchschnitt, allerdings besser als die Jahre davor. © by Wasserportal Burgenland

Trotz der im Vergleich zu den vergangenen Jahren höheren Pegelstände ist 2024 dennoch nur eine leichte Erholung des Wasserstandes im Neusiedler See zu verzeichnen.

Man muss schon ins Archiv schauen, um ein deutlich überdurchschnittliches Jahr zu finden. Es ist bereits acht Jahre her, dass der See aufgrund der Niederschläge einen höheren Wasserstand verzeichnen konnte. 2016, 2015, 2014 und 2013 erhielt der See durch Regen (und den Hauptzubringer, die Wulka) genügend Wasser, um die Pegelstände in die oberen Messbereiche zwischen Mittel- und Maximalwert zu bewegen.

Fast schon „historisch“ könnte man aus aktueller Sicht die relativ hohen Wasserstände zwischen 2013 und 2016 bezeichnen. Sie alle lagen deutlich über dem langjährigen Mittel. Das liegt zumindest acht Jahre zurück.
© by Wasserportal Burgenland

Wasserstand hängt von vielen Faktoren ab

Der voranschreitende Klimawandel führt nicht nur zu einer ungünstigen Niederschlagsverteilung sowie zu Extremereignissen, sondern auch zu höheren Temperaturen und damit einer stärkeren Verdunstung. Das bedeutet konkret:

Selbst bei gleichbleibenden Niederschlägen verliert der große, flache Steppensee durch die steigende Verdunstungsrate mehr Wasser.

Damit werden eigentlich mehr Niederschläge benötigt, um – etwa in den Sommermonaten – aufgrund der gestiegenen Temperaturen die gleiche Wassermenge im See zu erhalten. Starker Wind befördert die Verdunstung zusätzlich. Wie aber haben sich die Temperaturen in der Region entwickelt? Die Aufzeichnungen für Eisenstadt zeigen laut GeoSphere Austria (ehemals ZAMG) für die vergangenen zehn Jahre deutlich wärmere Verläufe.

In nur zehn Jahren hat sich der Jahreswert der Temperatur in Eisenstadt von 12,4 Grad Celsius auf 13,1 Grad erhöht. Das bedeutet eine Steigerung von 0,7 Grad.

Im Vergleich zum Mittelwert von 10,4 Grad Celsius (1960-1991) entspricht das einer Erhöhung von zwei bis 2,5 Grad. Für das aktuelle Jahr fallen die Monatswerte sogar noch höher aus: Der Februar 2024 lag um ganze acht Grad, der März um 4,7 Grad, der April um 3,1 Grad und der Mai um 2,1 Grad höher als der Durchschnittswert.

Wie soll also auf diese Entwicklungen reagiert werden?

Neue Pläne zur Dotation angekündigt

Es ist schon länger klar, dass die Pläne, den Neusiedler See über Donauwasser aus Ungarn zu dotieren, gescheitert sind. Anfang Juni hat Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil nun auch offiziell bestätigt, dass aus Ungarn kein Wasser für den See zu erwarten sei. Deshalb sei man nun mit dem Land Niederösterreich und dem Landwirtschaftsministerium über eine österreichische Lösung im Gespräch. So wolle man über eine Kanal Wasser aus der Donau in den Neusiedler See einleiten.

Konkreter wurde der Landeshauptmann allerdings nicht. Offen bleibt eine ganze Reihe von Fragen: Wo genau soll das Donauwasser abgeleitet werden? Welche Streckenführung ist geplant? Hat es bereits Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern gegeben? Wie und an welcher Stelle wird das Fremdwasser in den Neusiedler See eingeleitet? Welche Menge an Wasser soll zugeführt werden? Wird es neue Gutachten von Limnologen geben, um Fragen des Wasserschutzes und zum Chemismus des Sees zu klären?

Immerhin wurde bereits mehrfach auf die Gefahr hingewiesen, aus der Donau Neobiota (invasive Pflanzen und Tiere) einzuschleppen, die das heikle Ökosystem des Neusiedler Sees beeinträchtigen könnten. Mit den Auswirkungen von Fremdorganismen hat auch der Nationalpark Donau-Auen massive Probleme. Zahlreiche Studien beschäftigen sich damit, wie sich gebietsfremde Arten wie zum Beispiel die Asiatische Körbchenmuschel in der Donau verbreitet, heimische Arten verdrängt und damit den Lebensraum deutlich verändert.

Eine Alternative zur Einleitung von Fremdwasser könnte laut Naturschutzexperten sein, Retentionsflächen zu schaffen, um dort Regenwasser zu sammeln und in den See einzubringen. Ein Vorteil wäre, mögliche Folgeprobleme durch eine Dotation zu vermeiden. Die relativ hohen Kosten für die Einleitung von Fremdwasser können, so die Argumentation, zielführender für die Umsetzung von Retentionsflächen verwendet werden. Wie diese Ideen genau umgesetzt werden sollen, wäre allerdings zu prüfen. Der Biologe Bernhard Kohler (WWF) bezieht sich indes auf eine Studie, wonach im Zuge der Klimaerwärmung schon in näherer Zukunft in der Region mit höheren Niederschlägen zu rechnen wäre.

Gewitterwolken über der Graurinderherde im See-Vorgelände. © by Lukas Beck

Nun wäre also die Aufgabe, auch die durch die Klimaerwärmung häufiger auftretenden Starkregenereignisse dafür zu nutzen, das Wasser in der Region zu halten. Da wärmere Luft auch mehr Feuchtigkeit speichert, ist bekannt. Dass der Klimawandel auch höhere und feuchtere Gewitterwolkentürme entstehen lässt, vielleicht noch nicht so. Darüber und über notwendige Vorkehrungen hat der Klimaforscher Marc Olefs (Geosphere Austria) bei einer Naturrisken-Konferenz in Wien referiert. Warum also sollte es nicht gelingen, diese Entwicklungen zumindest für einen flächenhaften Rückhalt positiv für die Region zu nutzen?

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