18. April Welterbetag: Natur und Kultur im Einklang

Der österreichische Welterbetag soll dazu beitragen, auf das UNESCO-Welterbe aufmerksam zu machen und das Bewusstsein für den außergewöhnlichen universellen Wert der 12 Stätten in Österreich schärfen. Er kann außerdem eine gute Gelegenheit sein, das einzigartige Gebiet Fertő-Neusiedler See kennenzulernen und zu genießen.

Zum diesjährigen Welterbetag lädt der Verein Welterbe Neusiedler See dazu ein, die Osterfeiertage zu nutzen und den neu eröffneten Panoramaweg mit malerischer Weitsicht über das grenzüberschreitende Welterbe-Gebiet zu besuchen. Der im Herbst 2024 eröffnete Wanderweg verläuft zwischen Donnerskirchen und Jois auf einer Strecke von insgesamt 27 Kilometern im Welterbe Naturpark Neusiedler See – Leithagebirge.

Die UNESCO-Welterbestätte Kulturlandschaft Fertő–Neusiedler See wurde 2001 mit dem begehrten Prädikat ausgezeichnet. Ca. ein Drittel dieser Stätte liegt in Ungarn, zwei Drittel liegen in Österreich. Definierte Schutzgüter sind der Neusiedler See und die Salzlacken des Seewinkels, die historische, über Jahrtausende vom Menschen gestaltete Kulturlandschaft, aber auch die besondere Lage im Grenzraum der Kulturen, der klimatischen Zonen und ökologischen Lebensräume mit einem reichen archäologischen, ethnografischen und architektonischen Erbe.

Der Steppensee, das Schilf und die Sodalacken sind nicht nur als Welterbe unersetzlich, sondern vor allem als Lebensraum. Die internationale Bedeutung dieses Naturraums liegt in der außergewöhnlichen Artenvielfalt in Flora und Fauna, aber auch in seiner unverzichtbaren Funktion für den Vogelzug und als Brutgebiet. Deshalb erhält PANNATURA im Namen der Esterhazy-Stiftungen das Gebiet des Nationalparks bereits seit über 20 Jahren mit umsichtigen Naturschutz- und Pflegemaßnahmen.

Eine dieser „Pflegemaßnahmen“ ist die regelmäßige Beweidung durch die Bio-Angus Rinderherden vom Bio-Landgut Esterhazy, die die Trockenrasen am Seevorgelände durch das Abgrasen vor Verbuschung schützen.

© Esterhazy Betriebe AG & Katrin Zeleny

Ein Welterbe mit dynamischer Entwicklung

Welterbestätten sollen ein dauerhaftes und gemeinsames Erbe der gesamten Menschheit sein. Bauten, Städte, Landschaften oder andere materielle Güter von besonderem Wert und besonderer Wertigkeit sollen auch für die kommenden Generationen erhalten bleiben. Bei Kulturlandschaften wie jener der Region um den Neusiedler See – eine der Welterbestätten, die man mit rund 750 Quadratkilometern im Vergleich getrost als flächenmäßig ausgiebig einstufen kann – sind die Anforderungen zur Erhaltung nochmals etwas verschärft. Kulturlandschaften sind lebendige Organismen, die sich schneller und stärker entwickeln als beispielsweise Einzeldenkmäler.

Was ist zu tun?

Wichtig ist, dass diese Erneuerung bzw. der Ausbau nicht nur sensibel erfolgt, sondern auch kommuniziert wird. In Form von Best-Practice-Beispielen lässt sich zeigen, dass nachhaltige Entwicklung so ausgerichtet sein kann, dass sie auch vermittelbar ist und gut sichtbar wird.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt Neuer Strand in Breitenbrunn. Hermann Jahn ist Geschäftsführer der Neuer Strand Betriebs GmbH. Er erzählt, wie ein Bauvorhaben im Einklang mit dem Welterbe gut gelingen kann, was die nächsten Pläne am Neuen Strand in Breitenbrunn sind und welche Rolle dabei die Lage im UNESCO Welterbe-Gebiet spielt.

Interview über Projekt Neuer Strand im Welterbe auf Spotify anhören

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Mehr Informationen

Es braucht mehr Wertschätzung für das Welterbe der Kulturlandschaft Fertő–Neusiedler See

Die Region hat einen neuen Managementplan vorgelegt, der zum einen Ziele und Maßnahmen aus dem vorangegangenen Plan und der geübten Praxis (z. B. die Arbeit des Welterbebeirats) verstärkt, zum anderen die Welterbewerte als Attribute des Welterbes, z. B. zur Baukultur, detailliert auflistet und beschreibt und neue Leitgedanken festhält. Der neue Managementplan positioniert sich ganz klar für einen natur- und
kulturbetonten Qualitätstourismus, der singuläre touristische Großvorhaben ausschließt. Hingegen sollen grenzüberschreitend vernetzte, mit dem Ort verbundene, die Natur- und Kulturwerte schonende Aktivitäten befördert werden.
Das Welterbemanagement hat bereits damit begonnen, Guides auszubilden, die Gästen wie Einheimischen die besonderen Werte des Welterbes näherbringen.

Noch aber ist das Bewusstsein für die außergewöhnliche Schönheit, Mannigfaltigkeit und Sensibilität der Kulturlandschaft Fertő–Neusiedler See im touristischen Selbstverständnis der Region und ihrer Entscheidungsträger schwach ausgeprägt.

Das Ziel besteht darin, den Begriff ‚Welterbe‘ als zentralen Qualitätsfaktor in der touristischen Kommunikation zu verankern und als Maßstab für die Entwicklung sowie Gestaltung touristischer und freizeitorientierter Infrastrukturen in der Region Fertő-Neusiedler See zu etablieren.

Die Luftaufnahme von Fertőrákos zeigt die spezifische Bauform der Streckhöfe. © by Pellinger Attila

Wie kann das architektonische Erbe – etwa Streckhöfe – erhalten werden?

Solche und andere Fragen beschäftigen nicht nur den UNESCO-Welterbeverein in der Region. Lina Karner, Geschäftsführerin des Vereins Welterbe Neusiedler See, kündigt für den Sommer einen neuen Managementplan an, der insbesondere auch auf den Erhalt traditioneller Bausubstanz hinweist.

Wir haben in der Region eine reiche, vielfältige Baukultur, die nicht nur aus Schlössern und Kirchen besteht, sondern auch aus traditionellen Bauwerken. Gerade sie prägen ein Ortsbild und tragen entscheidend zur Wahrnehmung von Ortskernen bei. Schlösser und Kirchen sind zumeist denkmalgeschützt. Bei Weinkellern, Stadeln, Mühlen oder Bauernhäusern ist das anders. Die Streckhöfe gibt es in dieser Form nur in unserer Region – auf österreichischer und ungarischer Seite. Meist stehen sie aber nicht unter Schutz. In den vergangenen Jahren wurden sehr viele Gebäude abgerissen. Das ist ein Verlust wertvoller Bausubstanz aus nachhaltigen, regionalen Materialien, und auch ein Verlust für die Ortskerne und deren Ortsbild.

Lina Karner, Geschäftsführerin Verein Welterbe Neusiedler See

Mehr über traditionelle Architekturen wie Streckhöfe, die bislang nicht unter Schutz stehen, und den kommenden Managementplan der Welterbekommission finden Sie in diesem Beitrag.

Conclusio

Eine teilweise Erneuerung der touristischen Infrastruktur passiert.

  • Es braucht eine neue Kultur der Transformation im Bestand, konkret des Erhaltens und des sensiblen Umbaus, oftmals auch des Rückbaus für die nachhaltige Weiterentwicklung des Welterbes.
  • Darüber hinaus wäre es wichtig, Maßnahmen im Verkehrsbereich in Abstimmung mit den Gemeinden, den Verkehrsträgern (Bus, Bahn) sowie zu den Tourismusorganisationen zu setzen.
  • Für das architektonische Erbe, wie etwa den Erhalt der Streckhöfe, bräuchte es einen Ensembleschutz mit gesetzlicher Verankerung und finanzielle Förderungen.
  • Es braucht definitiv auch aktive Schritte zur Vermittlung durch Veranstaltungen, durch geführte Touren, sodass der Bevölkerung die fortlaufenden Verluste an traditioneller Bausubstanz und kulturellem Erbe verständlich werden.

Der Verlust an wertvollem Kultur- und Naturerbe führt unweigerlich zu einem Verlust an regionaler Identität; das gilt natürlich auch grenzüberschreitend.

Ziel ist also die bewusste Wahrnehmung der wichtigsten Werte des Welterbes. Nach dem gleichen Motto, das auch im Naturschutz gilt: Man schützt nur das, was man liebt, man liebt nur das, was man kennt. In diesem Fall kann die Wertschätzung zur Wertschöpfung werden.

Mehr darüber auch in der Publikation Tourismusregion Neusiedler See

Mehr über das Welterbe Fertő-Neusiedler See und das Projekt Neuer Strand in Breitenbrunn erfahren Sie auch im Buch und E-Book Tourismusregion Neusiedler See – Risiken und Chancen einer europäischen Destination.

Mitwirkende:

  • Hannes Klein war von 2014 bis 2024 Geschäftsführer des Vereins Welterbe Neusiedler See.
  • Lina Karner, Geschäftsführerin des Vereins Welterbe Neusiedler See
  • Sibylla Zech, Professur für Regionalplanung und Regionalentwicklung an der TU-Wien. Sie war an der Erstellung beider Welterbe-Managementpläne beteiligt.
  • Hermann Jahn ist Leiter des Bereichs Freizeitanlagenmanagement der Esterhazy Betriebe AG und zuständig für die Entwicklung Neuer Strand Neusiedler See
  • Katrin Zeleny, Fachreferentin Marketing & PR bei PANNATURA

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