Hanság: Exkursion in (fast) unbekannte Feuchtgebiete

Am 2. Februar, dem Welttag der Feuchtgebiete, ging es in der Welterbe-Region Fertő-Neusiedler See in den ungarischen Teil: in das renaturierte Feuchtgebiet Nyirkai-Hany und die Reste der einst großen Erlenbruchwälder.

Am Welttag der Feuchtgebiete 2025 lud der Verein „Zukunft Region Neusiedler See“ zu einer grenzüberschreitenden Fahrt in die „Wasserwildnis“ im Süden des Neusiedler Sees. Dieser Naturraum, zu dem die Salzlacken im Seewinkel ebenso gehören wie die Feuchtwiesen im Waasen (dem österreichischen Teil der sumpfigen Gegend im Hanság) war das erste Gebiet, das Österreich 1983 gemäß der Ramsar-Konvention unter Schutz gestellt hat. Das Ziel der Ramsar Konvention ist es, Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung zu erhalten.

Der Hanság war einst ein riesiges Niedermoorgebiet, verbunden mit dem Donau-Auen-System im Nordosten und im Süden mit dem System von Raab (Rába), Rabnitz (Répce) und Spitalbach (Ikva). Die Entwässerung des Gebietes wurde jahrhundertelang vorangetrieben. Nach 1945 sollten zahlreiche Drainagen vor allem  östlich des Seewinkels die Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen beschleunigen. Heute geraten aufgrund der Klimakrise solche entwässerten Gebiete wie auch die Reste großflächiger Feuchtgebiete insgesamt stark unter Druck.

Geographisch betrachtet stellt der Hanság die tiefste Stelle im Becken der Kleinen Ungarischen Tiefebene dar. Als verlandeter Teil des Neusiedler Sees erstreckt er sich von den Ortschaften Pamhagen, Tadten und Andau in Österreich bis nach Osli und Lebeny in Ungarn.

Die aktuelle Karte zeigt in Grün die Teilgebiete des grenzüberschreitenden Nationalparks im Hanság. Die Wasserflächen im Südhanság sind renaturierte Seichtgewässer südlich des Einser-Kanals (Nyrkai-Hany, Osli-Hany). Im Nordhanság (im Ausschnitt rechts oben) befinden sich ebenfalls Teilgebiete des Nationalparks Fertö – Hanság, in nächster Nähe zur Kleinen Donau (Wieselburger Donau, Mosoni Duna).

Ab dem Spätmittelalter wurde dieser älteste Teil des Neusiedler See-Beckens über mehrere Kanäle entwässert. Im Süden bildet der Einser-Kanal einen bedeutenden Einschnitt in die Landschaft. Dieser knapp 40 Kilometer lange Entwässerungskanal mit dem Seerandwehr südlich von Apetlon wurde Ende des 19. Jahrhunderts gegraben und führte zum endgültigen Ende der letzten permanenten Wasserflächen im Hanság.

Feuchtgebiete als wichtiger Lebensraum für Vögel

Richtung Süden wird die landwirtschaftliche Nutzung des Waasen zunehmend extensiver – Ackerbauflächen werden von Wiesen abgelöst, die zur Heimat verschiedenster Vogelarten werden. Die dort heimische Großtrappe ist mit ein Hauptgrund für den Besuch zahlreicher Ornithologen aus ganz Europa. Dieser mit einem Gewicht von bis zu 16kg schwerste flugfähige Vogel der Welt findet in den ausgedehnten Kommassantenwiesen der Nationalpark-Bewahrungszone Waasen-Hanság ideale Brutbedingungen. Auf die Brutbedürfnisse wird hier auch von der Landwirtschaft besonders Rücksicht genommen und die Flächen deshalb erst spät im Hochsommer gemäht. Auch die tagaktive Sumpfohreule, Wiesenweihe, der Große Brachvogel, Seeadler und mehrere Reiherarten sowie Singvögel finden hier ihren Lebensraum.

Renaturierte Feuchtgebiete

Bis in die 1950er-Jahre wirkte sich der Torfabbau in Andau, Tadten, Wallern und Pamhagen sowie im gesamten ungarischen Teil des Hanság negativ auf die Niedermoorflächen aus. Getrockneter Torf wurde früher zur Stromversorgung sowie von Gutshöfen der Umgebung genutzt, um Dampfpflüge oder Dampfkessel zu betreiben. Auch im Haushalt wurde Torf als billiges Heizmaterial verwendet.

Wenige Moorflächen blieben vom Artenverlust verschont. Vor allem in den beeindruckenden Resten der Erlenbruchwälder findet man die ursprüngliche Flora und Fauna dieses Feuchtgebiets.

Das Feuchtgebiet Nyrkai-Hany mit seinen offenen Wasserflächen, umgeben von Schilf, wurde von niederländischen Experten als erstes Projekt in der Nationalparkregion renaturiert. Es liegt zwischen dem Einser-Kanal und der Rábca (Unterlauf der Rabnitz) und ist Teil der Kleinen Ungarischen Tiefebene. Das Gebiet gehört heute zur grenzüberschreitenden Nationalparkregion Neusiedler See – Seewinkel / Fertő-Hanság Nemzeti Park.

Ein Renaturierungsprojekt wurde von Ungarn in Zusammenarbeit mit Niederlande umgesetzt. Die Gestaltung offener Wasserflächen, Unterbindung der Oxidation der noch verbliebenen Torfmoore, sowie die Wiederherstellung der Moorvegetation und die Schaffung von Nist- und Futterplätzen für Wasservögel zählen zu den zentralen Schutzzielen der Renaturierung. Dadurch konnte sich das Gebiet mittlerweile wieder als wichtiger Brut- und Rastplatz etablieren.

Mehr zum Hanság als Destination mit einem ornithologischen Blick in der Fachzeitschrift Der Falke – Journal für Vogelbeobachter.

Der Welttag der Feuchtgebiete und seine Bedeutung

Der Welttag der Feuchtgebiete / Weltfeuchtgebietstag / World Wetland Day steht seit 1997 am 2. Februar im Zeichen der internationalen Bedeutung von Feuchtgebieten, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel.

Im Sinne der Ramsar-Konvention zählen zu Feuchtgebieten Moor- und Sumpfgebiete, Flussauen und Seen, Feuchtwiesen sowie auch Küstengebiete wie Salzwiesen, Mangroven-Ökosysteme und Seegraswiesen. Feuchtgebiete sind von hoher Bedeutung für die Biodiversität und spielen als Kohlenstoffspeicher auch eine wichtige Rolle für den Klimaschutz.

Der internationale Gedenktag soll die öffentliche Wahrnehmung des Wertes und der Vorzüge von Feuchtgebieten verbessern. Wasser gilt dabei als lebensnotwendiges Element für den Lebensraum der Feuchtgebiete. Eine Änderung im Wassermanagement der Region Neusiedler See ist daher dringend notwendig.

Historische Karten des Hanság

Die Komitatskarte um 1882:

Auf einer Karte von 1182 ist das ehemalige, riesige Niedermoor des Hansag, südlich des Neusiedler Sees, zu sehen. Hier gibt es noch nicht so viele Kanäle wie heute, die das Wasser aus der Region in die Donau ableiten.
Das Komitat Wieselburg (Moson), das westlichste im Königreich Ungarn, umfasste drei Bezirke (rote Linie): Neusiedl (Nezsider), Ragendorf (Rajka) und Wieselburg (Moson). Diese Karte zeigt die beeindruckende Vielzahl an Nebenarmen der Kleinen Donau, deren größter Teil heute nicht mehr existiert. Deutlich erkennbar ist aber auch das ausgedehnte Feuchtgebiet des Hanság zwischen dem südlichen Neusiedler See, dem Hauptkanal (Einser-Kanal, Fö csatorna), der Raab und der Donau.

Die Hanság-Karte Hegedüs von 1792:

Karte des Hanság von 1792. Hier sieht man ausgedehnte Feuchtzonen und Wasserflächen,  die dieses höchst dynamische Sumpfgebiet vor über 200 Jahren prägten. Mit der Donau und der Raab verbunden kam es immer wieder zu Hochwässern - und damit zu Nachschub von Wasser.
Diese ins Detail gehende Hanság-Karte des berühmten Geometers Johann Nepomuk Hegedüs verdeutlicht die große Rolle der von Südwesten kommenden Zuflüsse des Hanság vor deren Regulierung und Ableitung in den Einser-Kanal. Bei hohen Wasserständen waren sie Mitverursacher von Überschwemmungen in den südlichen und südöstlichen Seegemeinden. Diese permanente Bedrohung wurde mit der Errichtung eines Seerandwehrs entschärft, was aber gleichzeitig zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Wasserbilanz des Neusiedler Sees führte.

Veranstaltungstipp:

Buchempfehlung

Das Ende des Neusiedler Sees? Eine Region in der Klimakrise Fachlich präzise und dennoch bestens verständlich: Wissenschaftlich fundiert bietet diese Publikation einen systematischen Überblick für alle, die mehr über die Region Neusiedler See wissen wollen. Über den Wert des Ökosystems, die Gefährdung des Steppensees oder die Tücken des Schilfgürtels.

Die Region Neusiedler See ist vieles zugleich: sensibles Ökosystem, touristisches Zielgebiet, wichtiger Agrarraum und ein Feuchtgebiet, in dem das Wasser knapp wird. Dieses Buch versucht, die verschiedenen Nutzungen vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung zusammenzuführen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert