Der Schilfgürtel erstickt unter seiner eigenen Biomasse! Alte Halme bilden undurchdringliche Matten und blockieren neues Wachstum. Eine mögliche Rettung kommt überraschend: Feuer! Ein Forschungsteam um Ornithologen und Schilfschneidern entdeckt, dass kontrollierte Brandrodung dem Ökosystem neue Kraft gibt. Erste Tests zeigen: Wo es brennt, kehrt die Artenvielfalt zurück. Manchmal braucht die Natur eben einen heißen Neustart! – Quelle: servustv.com
Wie Feuer gegen das Artensterben am Neusiedler See helfen soll
Es klingt zuerst paradox, doch Feuer kann dem Lebensraum im Schilf helfen. Der 180 km² große Schilfgürtel des Neusiedler Sees ist Heimat vieler seltener Vogelarten. Der Zusammenbruch von Schilfgebieten führt zum massiven Rückgang des Vogelbestands, weil der Lebensraum durch zu viel Altschilf nicht mehr attraktiv für die Tiere ist. Wird ein Schilfgebiet zu lange weder überschwemmt noch geschnitten, nehmen alte Schilfrohre Überhand. Sie knicken bei Windstürmen um und bilden eine dicke Matte, die auch von jungen Schilftrieben nicht durchdrungen werden kann. Wertvoller Lebensraum für Vogelarten wie das kleine Sumpfhuhn geht damit verloren. Regelmäßiges Kürzen des Schilfs würde ein Überaltern verhindern, doch die schwierigen Bedingungen, wie die fehlende Eisdecke am See im Winter sind auch zur Herausforderung der Schilfschneider geworden.

Bei der Suche nach Lösungen von Wissenschaftlern und Naturschützern wird man in der Vergangenheit fündig: Damals wurde älteres Schilf kontrolliert abgebrannt, damit neues nachwachsen kann. Doch seit den 90er Jahren ist das Abbrennen wegen Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung verboten. Mittlerweile fand ein Umdenken statt und Wissenschaftler sowie Ornithologen sind sich einig, dass das Abbrennen von Schilf eine gute Lösung zur Erhaltung des Lebensraums ist.
2024: Kontrollierter Schilfbrand im Test
Vor über einem Jahr, im Jänner 2024 fand in Jois ein erster Test für gezieltes Brandmanagement im Zuge einer Brandschutzübung der Freiwilligen Feuerwehr statt, die von Experten wissenschaftlich begleitet wurde. Wissenschaftler überprüfen die Auswirkungen des Brandes auf Umwelt und Klima und die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen, dass die Vorteile überwiegen.
Das kontrollierte Abbrennen könnte also zur Rettung des Lebensraums Schilf beitragen. Sich dabei auf zufällige Brände, die etwa durch Blitzschlag entstehen könnten, zu verlassen, ist aus vieler Sicht keine Option. Nach wie vor wird auf die Erteilung einer Ausnahmeregelung des Bundesluftreinhaltegesetzes gewartet. Wir fragen uns: Wie lange noch?
Schilf-Brandrodung als Teil eines notwendigen Masterplans
Das Abbrennen von Altschilfflächen wäre – darüber sind sich alle Experten einig – ein äußert wichtiger Teil eines ganzen Maßnahmenpakets. Die Eingriffe – von Altschilfmanagement, wie sie die Seemanagement GmbH ab Herbst 2025 plant, bis zu kontrollierten Feuern – bedürfen aber einer Koordination. Ein Masterplan, zu welcher Zeit in welchen Bereichen bestimmte Eingriffe stattfinden sollen, ist zu erstellen.