Eines wusste Birgit Braunstein vor 25 Jahren, als sie den Betrieb ihrer Eltern übernahm, ganz genau. Sie wollte das Weingut fortführen, allerdings nur im ökologischen Ausbau:
Für die Generation meiner Eltern lag der Fokus auf Weinbau, was dem internationalen Ruf des österreichischen Weins sehr gut getan hat. Allerdings ist durch die Spezialisierung Vielfalt verloren gegangen. Für mich war also klar, wenn ich übernehme, dann nur Bio.
Birgit Braunstein
Die Umstellung auf eine Landwirtschaft, die sich nicht losgelöst von der Natur versteht, war keine Laune. Schon damals waren die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen evident. Auch der Rückgang der Biodiversität durch Monokulturen und Pestizideinsatz waren für die Neo-Winzerin ein Thema.
Als ich angefangen habe, war der Klimawandel bereits spürbar. Ich wusste, es muss sich etwas ändern. Das war aber nicht leicht. Wie oft habe ich gehört, Bist du wahnsinnig, das wird nicht funktionieren! Hat es aber doch.
Birgit Braunstein
Also begann sie bei ihrer Arbeit, auch die Gesundung der Böden und das ökologische Gleichgewicht der Weinberge voranzutreiben: Humusaufbau und Begrünung, der Einsatz von Kompost von Ziegen und Schafen – all das waren und sind wegweisende Schritte im Sinn der Kreislaufwirtschaft. Heute wirken sich diese Umstellungen positiv auf die Weine, auf die Reben und auf die Artenvielfalt aus. Die Bodenerosion und auch die Verdunstung konnten durch diese Maßnahmen reduziert werden. Das machte sich während der vergangenen trockenen Jahre bezahlt.
Braunstein: Mit der Natur, nicht gegen sie
Nun wurde die Pionierin des Bio-Weinbaus im Rahmen der Initiative „Farming for Nature“ als eine von fünf Biodiversitätsbotschafter:innen gewählt. Darunter findet sich etwa auch Salzburgs erste Bio-Blumenbäuerin Brigitte Dörner; der Landwirt Josef Pfeffer aus Niederösterreich, der auf Bodenbearbeitung verzichtet; und Johann Schauer aus Oberösterreich, der neben seinem Rindermastbetrieb mit Weidehaltung Platz für Naturschutzflächen und Wildblumenwiesen geschaffen hat.
Birgit Braunstein sieht die Wahl als Biodiversitätsbotschafterin als „Anerkennung für unseren Weg“. Immerhin habe es viel Geduld und Überzeugung gebraucht, die Vielfalt auf den landwirtschaftlich genutzten Böden wieder aufzubauen, bzw. die Renaturierung der Weinberge und der Lebensräume konsequent voranzutreiben. Im Grund sehe sie das aber auch als Teil ihrer Verantwortung als Landwirtin.
Was bedeutet es nun konkret, Biodiversitäts-Botschafterin zu sein? Braunstein dazu:
Diese Auszeichnung ist auch eine Einladung, andere zu ermutigen. Zu zeigen, dass es möglich ist, mit der Natur zu arbeiten, nicht gegen sie. Vielfalt zu fördern, anstatt sie zu verdrängen. Und damit nicht nur die Lebensgrundlagen für kommende Generationen zu sichern, sondern auch die Qualität und Tiefe unserer Produkte zu bereichern. Ich sehe mich als Teil einer wachsenden Bewegung mutiger Höfe, die zeigen: Wahre Landwirtschaft ist regenerativ, vielfältig und zutiefst lebendig.
Birgit Braunstein
Heute hat der Betrieb der Purbacher Winzerin eine Fläche von 25 Hektar. Davon werden 20 Hektar als Bio-Weinbau bewirtschaftet, während fünf Hektar als extensives Grünland zur weiteren Förderung der Artenvielfalt dienen. Hier werden Wildgräser gefördert, verschiedene Baumarten gepflanzt, und so die naturbelassenen Flächen mit den Weingärten in Beziehung gebracht. Zugleich dient auch der wunderbar renovierte Streckhof in Purbach dazu, Besuchern die eigene Philosophie näher zu bringen. Zugleich dient moderne Technik wie die Photovoltaik-Anlage am Dach und eine Wärmepumpe dazu, die Emissionen des Betriebs möglichst gering zu halten. Artenvielfalt findet sich auch am Braunstein-Hof. Bei einem Besuch zeigt sich, dass oft kleine Maßnahmen reichen, um bereits etwas zum Positiven zu verändern.
Zum Projekt von „Farming for Nature“
2025 wurden österreichweit 26 Bäuerinnen und Bauern als mögliche Biodiversitätsbotschafter:innen nominiert. Projektkoordinatorin Johanna Frangež über die Ziele des Projekts: „Die Biodiversitätsbotschafter bewirtschaften und erhalten ein breites Spektrum wertvoller Lebensräume, wie artenreiches Grasland, Feuchtgebiete oder gesunde Böden. Mit ihrer Vorbildwirkung sollen sie Naturschutz in der Landwirtschaft fördern.“ Kritierien für die Auswahl sind: Dass die Betriebe ökologisch wie ökonomisch nachhaltige Landwirtschaft betreiben; dass sie einen wesentlichen Beitrag für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität leisten; und dass sie bereit sind, ihr Wissen zu teilen. Mehr zu den Biodiversitätsbotschaftern 2025 von „Farming for Nature“ finden Sie hier.
Zur Person: Birgit Braunstein stammt aus einer traditionsreichen Weinbauernfamilie aus Purbach, wollte ursprünglich aber einen anderen Weg einschlagen. Sie besuchte zuerst die Höhere Lehranstalt für Tourismus und Wirtschaft in Wien, und studierte danach Betriebswirtschaft an der WU Wien. Sie arbeitete einige Jahre als Unternehmensberaterin, bis sie nach Purbach zurückkehrte, um den Weinbaubetrieb ihrer Eltern nach naturnahen Prinzipien umzustellen. Seit der Gründung des Vereins „Zukunft Region Neusiedler See“ ist sie Obfrau des Vereins.