Warum den Tourismus auf Nachhaltigkeit zertifizieren?

Christian Baumgartner, Co-Gründer von TourCert Austria, über die Bedeutung von Zertifikaten im Tourismus heute.

Herr Baumgartner, wenn sich jemand für den Urlaub ein Hotel auf einer Plattform aussucht, wie oft fragt heute jemand nach, ob dieser Betrieb nachhaltig zertifiziert ist?

Der ganz große Vorteil der Zertifizierung liegt weniger im Marketing als in der verbesserten Performance, die oft mit Einsparungen bei den Kosten im operationalen Bereich, also Energie, etc., verbunden ist.

Zugleich gibt es zu Ihrer Frage mehrere Studien, die allerdings unterschiedliche Ergebnisse liefern – abhängig von der Nationalität der Gäste, den Umweltzeichen, um die es geht – es gibt viele -, und vor allem auch wie diese Umweltzeichen kommuniziert werden.

Christian Baumgartner, Co-Gründer von TourCert Austria

Mehr als 60 Prozent der Österreich-Urlauber sagen, dass ihnen Nachhaltigkeit auch im Sinn von Regionalität, Natur- und Umweltschutz wichtig ist. Ich sehe das als tatsächlich große Herausforderung in der Kommunikation an.

In diesem Sinn, also der Kommunikation, haben viele Betriebe Nachholbedarf. Dabei sollte es weniger darum gehen, die „Welt zu retten“, als um die konkreten Vorteile, die die Zertifizierung auch für die Gäste bringt.

Wie wird die Umsetzung kontrolliert? Basiert das auf Freiwilligkeit?

Wenn wir über seriöse Umweltzeichen sprechen, gibt es bei der Beantragung ein von Umweltzeichen-Verantwortlichen unabhängiges Audit durch einen Experten oder eine Expertin. Im Regelfall – außer bei ganz kleinen Betrieben – findet das vor Ort statt. Das Zeichen gilt dann meist drei Jahre, danach muss eine Verlängerung beantragt werden, die ebenfalls mit einem Audit stattfindet.

Zumeist gibt es für die Zeichen teils Muss- und teils Kann-Kriterien. Die Muss-Kriterien müssen tatsächlich für die Zertifizierung alle erfüllt sein. Aus dem Pool der Kann-Kriterien gilt es, eine bestimmte Punktezahl zu erreichen.

Welche messbaren Auswirkungen hat die Zertifizierung bei Unternehmen?

Das hängt natürlich vom Ausgangspunkt ab. Wenn sich ein schon sehr gut aufgestellter Betrieb „nur“ noch zertifizieren lässt, wir des weniger Einsparungspotential geben, weil schon viele Kriterien erfüllt sind. Machen sich andere Betriebe auf den Weg, gibt es oft große Potentiale. Es wäre aber nicht seriös, Zahlen zu nennen, weil das immer stark von den Umständen abhängt.

Führt die Zertifizierung einer Region, wie des Nordburgenlandes, über die Bewusstseinsschaffung und die Kommunikation im Marketing hinaus? Bringt sie konkrete Maßnahmen?

Ja, definitiv. Die Zertifizierung einer Region sollte zu vielen Effekten führen. Zu nennen wäre etwa der Bereich der Ver- und Entsorgung, aber auch des Personals: zufriedenes Personal bleibt länger und ist seltener krank. Auch das spart Kosten.

Gerade TourCert ist immer mit einem konkreten Verbesserungsprogramm im Prozess verbunden. Diese Punkte sind somit bis zur nächsten Rezertifizierung umzusetzen. Als Beispiele lassen sich nennen: die verstärkte Einbindung der Bevölkerung; die Verbesserungen bei den Mobilitätsangeboten; Trainingsmaßnahmen wie regionale Strategien für den Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel für den Tourismus. Aber auch hier hängt es natürlich davon ab, wie der Stand der Region ist.

Zur Person: Christian Baumgartner ist Experte für nachhaltigen Tourismus. Er hat eine Professur an der FH Graubünden und ist Co-Gründer von TourCert Austria.

  • Mehr zum Thema der Nachhaltigkeitszertifizierung der Region Nordburgenland hier.

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