Grundwasser-Tiefstand hat gravierende Auswirkungen

Die sommerliche Hitzeperiode hat gerade begonnen. Damit steigt auch die Wasserentnahme für die Beregnung von Kartoffel- und Maisäcker. Der Grundwasserkörper kann sich kaum erholen.

Seit gut drei Jahren ist – wieder einmal – ein unterdurchschnittlicher Wasserstand des Neusiedler Sees das dominierende Thema, wenn es in der öffentlichen Diskussion um die Auswirkungen des Klimawandels auf den Naturraum Neusiedler See geht. Doch auch der Grundwasserspiegel hat im selben Zeitraum auf beiden Seiten des Sees Rekord-Tiefstände erreicht. Das hat gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Freizeitwirtschaft, den Naturschutz und den Tourismus – und wird strukturell zu selten thematisiert. Immerhin zeigen dank mehrerer Regentage und eher kühler Lufttemperaturen im Mai und Juni 2023 die Grundwasserkurven zumindest einen leichten Anstieg. – Die sommerlichen Hitzeperioden und die Wasserentnahme für die Beregnung von Kartoffel- und Maisäcker haben aber gerade erst begonnen.

Es fehlt bis zu ein Meter gegenüber dem langjährigen Mittel

Flächendeckende Grundwasser-Messstellen findet man im Wasserportal des Amtes der burgenländischen Landesregierung. Die Langzeitdaten eines Großteils der Messstellen zeigen, wie weit die (grün eingefärbte) Linie des Jahres 2022 unter dem Durchschnitt verläuft. Im Vergleich zum „Wasserstandsdefizit“ des Neusiedler Sees gegenüber dem langjährigen Mittel von derzeit etwa 30 Zentimeter fehlen dem Grundwasser bis zu einem Meter und mehr. Ganz so unsichtbar ist das Niveau des Grundwassers übrigens nicht: Schottergruben mit ihren kleinen Wasserflächen lassen erkennen, um wieviel tiefer viele Pflanzen jetzt ihre Wurzeln strecken müssen, um überleben zu können.

Großer Handlungsbedarf auch bei Landwirtschaft

Das Grundwasser erneuert sich ausschließlich durch die Versickerung von Regenwasser. Die Niederschläge machen nur selten mehr als 600 Millimeter pro Jahr aus, sie sind zeitlich und räumlich oft ungünstig verteilt, und sie erreichen durch längere und häufigere Hitzeperioden nur teilweise den Grundwasserhorizont. Deshalb herrscht großer Handlungsbedarf. Bei niedrigen Grundwasserverhältnissen hat man bereits seit dem Ende der 1990er Jahre gegengesteuert: mit einfachen Wehranlagen in Entwässerungsgräben vor allem in Teilflächen des Nationalparks, von den Zitzmannsdorfer Wiesen über Illmitz-Hölle bis nach Apetlon-Lange Lacke. Durch konkrete Maßnahmen konnten in Bereichen, in denen die landwirtschaftliche Nutzung sogar stark zurückgegangen ist, innerhalb kürzester Zeit Erfolge durch die Wiedervernässung von Wiesen- und Weideflächen erreicht werden.

Es gäbe weitere Maßnahmen zur Schonung des Grundwassers in Niederwasserperioden. Etwa den Wasserbedarf in der Landwirtschaft durch konkrete Maßnahmen zu senken. Dazu zählt die Reduzierung der Verdunstungsverluste bei Überkopfberegnung während starker Sonneneinstrahlung oder auch der Wechsel auf weniger bewässerungsintensive Nutzpflanzen.

Salzlacken leiden besonders

Die Erhaltung der verbliebenen rund 40 Salzlacken, die eines der wertvollsten Schutzgüter Österreichs und einen bedeutenden Faktor für den Naturtourismus darstellen, wird nicht gelingen, wenn der Grundwasserspiegel über längere Perioden so niedrig bleibt wie heute. Das verhindert den natürlichen sommerlichen Salztransport an die Oberfläche der Lacken, wodurch die sensiblen, artenreichen Lebensräume „aussüßen“. Dieses Kernproblem zeigt auch, dass das Grundwasser weder Gemeinde- noch Schutzgebietsgrenzen kennt: Wenngleich die Entnahme von Grundwasser meist kilometerweit entfernt von Nationalparkflächen erfolgt, wirkt sich das auf den gesamten Grundwasserkörper (im Seewinkel etwa 412 Quadratkilometer) aus. Die Einschränkung des Wasserverbrauchs und zielorientierte Forschungsarbeiten im Rahmen eines grenzüberschreitenden EU-LIFE-Projekts zwischen dem Nationalpark und seinen Partnern stellen erfolgversprechende Schritte zur Minderung der Folgen des Klimawandels für das Grundwasser dar. (Dazu demnächst mehr.)

Welche Prioritäten würde das Land setzen?

Ohne sorgfältiges Haushalten mit dem wertvollen Regenwasser, vor allem aber ohne Entlastung des Grundwassers wird es nicht gehen, daran ändert auch ein eher feuchtes und bisher nicht ganz so heißes Jahr 2023 nichts. Und was die – wieder einmal – heftig diskutierte Zuleitung von Wasser aus der Moson-Donau nach Österreich betrifft, stellen sich vor allem zwei Fragen: Wieviel Wasser ist in diesem Flussabschnitt überhaupt zu erwarten? Und welche Prioritäten würde das Land Burgenland in diesem Fall setzen? Eine Zuleitung für die Landwirtschaft, um den Grundwasserpolster zu entlasten? Oder eine Zuleitung für den Neusiedler See, um Wassersport und Schiffsverkehr weiterhin zu ermöglichen?

Eine Expertise zu „Grundwasser im Seewinkel: Dotation als Chance?“ von Alfred Paul Blaschke findet sich im Buch „Das Ende des Neusiedler Sees? Eine Region in der Klimakrise“ ab Seite 87.

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