Seit dem Projekt REBEN (Reed Belt Neusiedler See / Fertö) weiß man, dass im freien Seebereich des Neusiedler Sees rund 55 Millionen Kubikmeter Schlamm vorhanden sind. Dabei gilt es zwischen dem Seeboden zu unterscheiden, der verfestigt ist, und den darauf lagernden Schlammschichten, die, je höher sie sind, umso mehr Wasser beinhalten. Schlamm findet sich auch im Schilfbereich – noch viel mehr als im offenen Seebecken. Im Gegensatz zum offenen See hat sich der Schlamm im Schilfbereich allerdings zwischen den Rhizomen verfestigt und wird damit durch Seeströmungen nicht mehr transportiert.
Buchten als Problemzonen
Die erwähnten 55 Millionen Kubikmeter Schlamm im Seebecken sind größtenteils in Bewegung, das heißt, sie sind dynamisch. Das Sediment wird durch die Seeströmung verfrachtet und lagert sich naturgemäß dort ab, wo es nicht mehr weitertransportiert werden kann. Dort setzen sich die Feinstoffe ab und bilden Schlammbänke. Darin besteht die aktuelle Problematik, denn betroffen sind besonders die Buchtbereiche wie jene in Rust, Breitenbrunn, Neusiedl oder Illmitz bei der Biologischen Station. Würde man nichts unternehmen, bestünde die Gefahr, dass die Buchten nach und nach verlanden. Dem wolle man entgegenwirken, sagt Karl Maracek von der Wasser Task Forces des Landes:
Deshalb haben wir eine Bilanz erstellt, um die vorhandenen Sedimente zu eruieren und entsprechende Maßnahmen zu setzen, um die Buchten wieder freizubekommen. Unser Ziel ist es, jährlich 100.000 Kubikmeter Schlamm aus dem See zu entfernen.
Karl Maracek, Wasser Task Force
Ziel: ein Gleichgewicht der Sedimentbilanz
Tatsächlich wurde in der Vergangenheit relativ wenig Schlamm entnommen, wodurch sich Schlammbänke in den Buchten aufgebaut haben. Dadurch ist die Nutzung der Buchten bereits jetzt teilweise stark beeinträchtigt. Angesichts der 55 Millionen Kubikmeter Sediment im Seebecken klingt die Zielsetzung, 100.000 Kubikmeter pro Jahr zu entnehmen, bescheiden. Allerdings liegt der Fokus vorerst auf den Problemzonen selbst: Durch die Revitalisierung der Buchten sollten diese wieder funktionstüchtig gemacht werden. Mittelfristiges Ziel ist es, durch fortlaufende Maßnahmen, die gesamte Sedimentbilanz des Sees in ein Gleichgewicht zu bringen. Konkret bedeutet das:
Es sollte möglich sein, jene Menge an Schlamm, die der See jährlich produziert, zu entnehmen, um keine weitere Schlammakkumulation zuzulassen. Das ist auch die Vorgabe für die Seemanagement GmbH, die derzeit Methoden entwickelt, diese Mengen an Schlamm zu entfernen.
Karl Maracek
Das wirft freilich auch einige Fragen auf: Mit welcher Technik wird derzeit der Schlamm aus den Buchten entfernt? Wie werden das Wasser und das Feinsediment getrennt? Und welche Verwertungskonzepte gibt es für die zu erwartenden großen Mengen an Trockenschlamm, die in den Absetzbecken übbrig bleiben? Mehr zu den Kapazitäten der vorhandenen Absetzbecken und möglichen Ausbringungsflächen im nächsten Beitrag zu diesem Thema.
Warum hat man beim Tiefstand des Sees nicht an die Schiffart gedacht. Es waren viele freie Inseln am See zu bemerken. Hätte man dort Boien gesetzt wäre das für viele Boote mit größerem Tiefgang eine wertvolle Aktion gewesen.Nun ist es aber zu spät. Übrigens hat man viel Geld im Podersdorfer Südhafen verbraten, da man eine für diesen Hafen unnötiger Weise die teure Absaugmethode angewendet hat anstatt den Schlamm durch den Bagger direkt auf einen LKW zu verbringen. Der Schwimmsteg war weggeräumt und die Zufahrt bis an das Ufer möglich.
Zum ersten Teil der Frage: Bei den “Inseln”, die bei tiefen Wasserständen des Neusiedler Sees zu sehen waren, handelt es sich nicht um Inseln, sondern um Schlamminseln, die sich je nach Jahreszeit, Wind und Wasserstand permanent verlagern. Das kann man sich wie Unterwasserdünen vorstellen: Sediment, das durch Strömungen beständig verfrachtet wird. Insofern ist eine Kennzeichnung nicht möglich.
Zum zweiten Teil der Frage: Feuchtschlamm besteht zu 70-80 Prozent aus Wasser. Feuchtschlamm mit LKWs abzutransportieren wäre sehr teuer und ist so nicht möglich. Auch das “Ausbaggern” von Schlamm wäre nicht ratsam, weil dabei in die Sohle des Sees gegraben würde. Deshalb wird das Sediment aus den Buchtbereichen mit speziellen Geräten abgesaugt und in Absetzbecken gepumpt. Erst wenn sich der hohe Wasseranteil vom Sediment getrennt hat, kann der Abtransport erfolgen.
Die Gemeinden haben sehr viel Geld gespart wurde, indem man die Schlammentnahme bewusst unterlassen hat. Die aktuellen Entnahmemengen sind viel zu gering um die Versäumnisse zeitnah aufzuholen. Warum gibt es keine Weisung/Verordnung die gesparten Gelder der Vergangenheit (verzinst) nun zu investieren. Dann wäre zB die Ruster Bucht in 2 Jahren wieder am Schlammstand von 2004 (damals 70cm weniger vor meiner Hütte).
Bisher wurde von den Gemeinden anlassbedingt zwar eine Entfernung von Schlamm an kritischen Punkten veranlasst, allerdings ist angesichts der großen Menge an Sedimenten im See ein strukturiertes Vorgehen unerlässlich. Allein im offenen Seebecken lagern rund 55 Millionen Kubikmeter Schlamm, bezieht man auch den Schilfgürtel, der mehr als die Hälfte der Seefläche ausmacht, ein, sind das über 200 Millionen Kubikmeter Schlamm. Mehr dazu u.a. hier: https://zukunftsee.at/a/schlamm-2/
Die Aufgabe ist also von Gemeinden nicht zu stemmen, insofern ist die Initiative des Landes zu begrüßen, ein systematisches Schlammmanagement aufzubauen. Mit den aktuellen Entnahmemengen dürfte laut Einschätzung von Experten die jährliche Neuproduktion von Schlamm egalisiert werden. Die Herausforderungen sind jedenfalls so groß, dass hier möglicherweise ein nationaler oder sogar europäischer Schulterschluss nötig wäre.