Zukunftsfrage: Genmais oder „Illmitzer Gerste“?

Die Folgen der Klimaerwärmung sind schon jetzt in der Region spürbar. Es ist höchste Zeit, die Landwirtschaft neu aufzustellen.

Welche Herausforderungen hat die Landwirtschaft?


Die Erwartungen an die Landwirtschaft sind hoch: Sie soll einerseits Ernährungssicherheit ermöglichen, dazu erneuerbare Rohstoffe wie Biotreibstoffe und Bioplastik produzieren und sich zugleich auf die Klimaerwärmung einstellen. Die Veränderungen sind evident, die Meteorologen des ZAMG bestätigen das auch statistisch: Im Frühling und im Sommer gibt es fast jährlich zunehmend längere Trockenphasen, wie sie früher alle zehn bis 20 Jahre vorgekommen sind. Das bedeutet Trocken- und Hitzestress für die Pflanzen – Folgen, die sich in der Anbauregion im Einfluss des pannonischen Klimas durch seine Wasserknappheit noch stärker auswirken. Die widrigen Umstände lassen sich auch an der Zahl der (Familien-)Betriebe ablesen, die in den vergangenen zehn Jahren aufgegeben haben. Der Rückgang im Burgenland bedeutet Österreichrekord. Es ist also höchste Zeit, gezielte Maßnahmen zu setzen.

Neue Produkte und Nischen

Schon in den vergangenen Jahren haben Betriebe in der Region Neusiedler See begonnen, sich auf neue Produkte und Nischen zu spezialisieren. Damit sind nicht nur Risiken verbunden, es sind auch Investitionen nötig, die nicht jeder Hof stemmen kann. Immerhin: Die Umstellung auf hochwertige Produkte, auf ökologische Erzeugnisse ist im Gang. Einige Witterungsbedingungen, die Probleme machen, wie etwa die Trockenheit, bieten auch Vorteile. In Kombination mit dem Wind verringert sich dadurch die Gefahr eines Pilzbefalls. Soll heißen: Es geht darum, Möglichkeiten auszuloten und optimal zu nutzen. Bewässerungsintensive Kulturen wie Mais, die an Fläche gewonnen haben, müssen überdacht werden. Doch Mais ist nicht gleich Mais, auch hier gibt es unterschiedlichste Sorten. Die Tschardaken aus Holz, an denen der Kukuruz traditionell zum Trocknen aufgehängt wurde, gehörten lange zum Ortsbild der Region. Nun braucht es neue Ideen.
An den Böden selbst liegt es nicht. Der westlichste Rest des großen eurasischen Steppengürtels bietet nährstoffreiche Böden wie Tschernoseme und humusreiche Moorböden. Restriktionen gibt es in erster Linie durch die vorhandenen Wasserressourcen.

Seehof Donnerskirchen: Die Kichererbse ist ein „Kulturwandelfolger“, da sie trockenheitstolerant und wärmeliebend ist.

Eine Landwirtschaft ohne Bewässerung?

Nach den vergangenen trockenen Jahren, in denen insbesondere auch die für das Grundwasser wichtigen Winterniederschläge ausgeblieben sind, wurden 2022 erste Restriktionen bei der Bewässerung aktiv. Die Taskforce der Landesregierung hat einen Katalog entwickelt, wie der Einsatz von Wasser möglichst effizient erfolgen kann. Es wurden auch Kulturen festgelegt, die unter bestimmten Umständen nicht mehr bewässert werden dürfen. Die Vision einer Landwirtschaft, die ohne jegliche Bewässerung auskommt, ist jedoch nur schwer vorstellbar. Auch wenn mittlerweile Olivenbäume in der Region wirtschaftlich die ersten Erträge einbringen, und Betriebe mit für die Region gänzlich neuen Kulturen experimentieren, werden Landwirte in Phasen großer Hitze und Trockenheit Bewässerung brauchen, um einen Ernteausfall zu verhindern. Essenziell ist es, jeden Tropfen Wasser in der Region zu halten. Dafür ist es nötig, Entwässerungsgräben wieder steuerbar zu machen und fehlende Sperren in den Drainagen wieder instand zu setzen. Eine wichtige Rolle spielen auch Ansätze, Fremdwasser in die Region zu bringen, also etwa jenes Projekt, den Seewinkel mit Donauwasser wieder zu befeuchten.

Szenarien für die Zukunft

Viel hängt davon ab, ob es global gelingt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad oder zwei Grad zu beschränken. Das entscheidet letztlich auch, welche der Klimaprognosen für den pannonischen Raum und den Neusiedler See schlagend wird. Bei einer Erwärmung von mehr als drei Grad würde sich die Region in Richtung mediterraner Verhältnisse entwickeln, wo ein Getreideanbau im Sommer nicht möglich ist. Für das Burgenland steht also viel auf dem Spiel. Das erkennt man an verschiedenen Eckdaten. Nach Niederösterreich und Oberösterreich zählt es etwa zu den drei bedeutendsten Feldgemüseproduzenten in Österreich. Eine wichtige Rolle spielt auch die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft, bei der sich das Burgenland auf einem guten Weg befindet. Zu klären sind aber auch grundsätzliche Fragen: Wie will man es mit gentechnisch manipulierten Sorten halten, die die Produzenten als trockenresistenter (und ertragreicher) anpreisen. Auch wenn das aufgrund der EU-Regelung derzeit kein Thema ist, wird sich diese Frage vielleicht noch stellen. Allerdings gibt es viele Möglichkeiten, auf bereits Bewährtes zurückzugreifen: die lange vergessene „Illmitzer Gerste“ ist eine standortangepasste Sorte, die bereits bewiesen hat, was sie kann.

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