Winterliche Niederschläge: Reicht das, um die Wasserstände zu entlasten?

Die Wasserstände des Neusiedler Sees und auch der Lacken haben sich über den Winter etwas erholt. Dennoch befinden sie sich unter dem langjährigen Mittel.

Der Zicksee bei St. Andrä kann aufgrund der langjährigen Dotation mit Grundwasser zwar nicht mehr als Sodalacke gezählt werden. Dennoch ist er ein gewisser Gradmesser für die Situation der Stillgewässer in der Region. Im Sommer 2022 war der Zicksee völlig ausgetrocknet. Der Badesee erhielt aufgrund der niedrigen Grundwasserstände keine künstliche Wasserzufuhr mehr.

Der Zicksee im Juli 2023. Deutlich zu sehen ist die Einwanderung von Pflanzen in das ausgetrocknete Lackenbecken. © by Gunnar Landsgesell

Im heurigen Winter 2023/24 sorgten Niederschläge für eine verbesserte Wassersituation. Mitte Jänner zeigte sich auch Christian Sailer, Leiter der Taskforce Neusiedler See / Seewinkel in einem ORF Burgenland-Beitrag erfreut über den guten Start in das Jahr. Und konkret zum Zicksee:

„Es ist auf alle Fälle ein Grund zur Freude. Einerseits ist dieser Wasserstand dadurch bedingt, dass der wasserwirtschaftliche Versuch bis Ende Dezember gefahren wurde, das heißt, dass auch Grundwasser hineingepumpt wurde. Und andererseits haben wir aber auch Niederschläge verzeichnen können.“

Christian Sailer
Zicksee bei St. Andrä Ende Jänner 2024: Die Wasserschicht ist nur wenige Zentimeter tief. © by Alois Lang

Winter: Üblicherweise die Zeit für Wasser von oben

Um die Entwicklung der Wasserstände einzuordnen, hilft ein Blick auf das Wasserportal Burgenland. Die Wintermonate sind jene Zeit, in der sich aufgrund von Niederschlägen, sowie durch fehlende Verdunstung noch vor der Vegetationsphase die Wasserreserven erhöhen. Das gilt vor allem für den Neusiedler See, der keine Verbindung zum Grundwasser hat und stark auf Niederschläge angewiesen ist. Obwohl im Winter einiges Wasser von oben gekommen ist, liegt der Pegel dennoch knapp 15 Zentimeter unter dem langjährigen Mittel. Eine wirkliche Reserve ist das nicht, falls es zu einem weiteren Dürresommer wie in den vergangenen Jahre kommen sollte.

Neusiedler See, Biologische Station: Leichte Entspannung durch Winterniederschläge. Dennoch liegt der Wasserstand unter dem langjährigen Mittel. © by Wasserportal Burgenland

Immerhin lässt der Start in das Jahr 2024 Hoffnungen auf einen besseren Verlauf zu als in den letzten Jahren. Dass sich in den Salzlacken im Winter Wasser befindet, entspricht allerdings dem natürlichen Rhythmus – ebenso, wenn viele der Lacken im Hochsommer ausgetrocknet sind. Entscheidend ist vielmehr, dass zwischen den Salzlacken und dem Grundwasser die Verbindung aufrecht bleibt. Ansonsten wäre die lebenswichtige Kapillarwirkung für den Wassertransport nach oben nicht mehr gegeben.

Ein Indikator für den Zustand der Lacken ist das Vorkommen von Wasser im Winter eigentlich nicht. Darauf weist auch der Hydrologe Georg Wolfram hin.

Der Winter ist für die Lacken normalerweise die beste Zeit, um mit Wasser versorgt zu sein. Auch degradierte Lacken können bei ausreichenden Niederschlägen und hohem Grundwasserstand schnell gefüllt sein – und sind doch im Sommer rasch wieder trocken. Man kann daraus noch nichts ableiten.

Insofern ist vielmehr der Blick auf die Entwicklung der Grundwasserstände für den Zustand der Sodalacken entscheidend. Im Gegensatz zu den Niederschlägen lässt sich der Grundwasserspiegel vom Menschen beeinflussen. Um von Niederschlägen möglichst viel in der Region zu halten, hat die Taskforce erste Sperren in den Drainagen im Seewinkel errichtet. Weitere Staustufen sind für das heurige Jahr geplant. Der Erfolg des Projekts, den Grundwasserspiegel zu heben, hängt zum zweiten davon ab, ob die Sperren bei etwas höheren Regenmengen nicht gleich wieder geöffnet werden. In der ersten Februarhälfte war allerdings zu beobachten, dass die Bretter bei einigen Sperren wieder entfernt wurden. Hier braucht es sicherlich noch mehr Erfahrung im Umgang mit der Regulierung der Drainagen.

Für die wenigen verbliebenen Salzacken, die noch intakt sind oder wiederhergestellt werden können, sollen in den kommenden Monaten erste konkrete Schritte gesetzt werden. „LIFE Pannonic Salt 2023“ ist mit 12 Millionen Euro ausgestattet und soll ein weiteres „Lackensterben“ verhindern.

5 Kommentare

  1. Eine sehr interessante Infoquelle, wo viele Schlagwörter aus der medialen Berichterstattung zum Klimawandel durch den regionalen Kontext nachvollziehbar und die Zusammenhänge im Ökosystem verständlich werden.

    Interessant zu wissen wäre, wie der Neusiedlersee als Erholungsraum ökologisch verantwortungsvoll weiterhin erlebbar bleibt. Was der Beitrag der Menschen, die dort ihre Lebensgrundlage haben, zur Erhaltung des Ökosystems sein kann.

    • Der Wasserstand des Neusiedler Sees ist seitens der Bevölkerung der Region nicht beeinflussbar, die (international) bedeutenden Ökosysteme (Schilfgürtel, Lacken, Feuchtwiesen, Sanddamm, Hutweiden, Niedermoor) hingegen schon. Das ist natürlich nicht nur den Expertinnen, sondern auch den Entscheidungsträgern und Stakeholdern bekannt. Ein umfangreiches, derzeit in Umsetzung befindliches EU-LIFE-Projekt setzt genau hier an: Neben dem seit Jahren bewährten Naturraummanagement im Nationalpark braucht es in der gesamten Region Maßnahmen zur Entlastung des Grundwassers und ein effizientes Rückhalten des Niederschlagswassers, ohne dadurch Schäden in Siedlungsbereichen oder der Landwirtschaft zu verursachen.
      Intakte Ökosysteme bilden die Grundlage für die Erhaltung des kleinstrukturierten Nächtigungstourismus in den Dörfern des Seewinkels. Naturschutzorientierte Maßnahmen dienen also direkt auch dem Naturtourismus, der schon seit Jahrzehnten vor allem Ornithologen und Naturfotografen aus ganz Europa (sogar aus Österreich!) in die Region bringt.

  2. Sehr interessante Seite, auf die ich da gestoßen bin. Was mich als Laiin interessiert: Abgesehen von der Wassermenge, wie stark schwankt der Salzgehalt im Wasser? Und was hat das für Auswirkungen auf Fauna und Flora?

    • Im Seewinkel, östlich des Neusiedler Sees, gibt es noch rund 45 intakte Sodalacken. Das Salz erhalten die Lacken durch Kapillarröhren aus dem Untergrund. Auf diese Weise werden die Salze nach oben gezogen. Dafür muss das Grundwasser jedoch hoch genug stehen, so dass die Verbindung mit dem Lackenboden nicht abreisst. Das eigentliche Problem liegt aber in der Übernutzung der Grundwasserressourcen außerhalb der Schutzgebietsflächen, die unterirdisch in die Lackenzone hineinwirkt: Ein – auch durch den Klimawandel verursachter – dauerhaft niedriger Grundwasserspiegel führt durch die fehlende Verbindung der Lackenböden mit dem salzführenden Horizont zur Aussüßung der Salzlacken. Genau diesem Kernproblem widmet sich seit 2023 ein EU-kofinanziertes Projekt des Nationalparks.

      Völlig normal ist es hingegen, dass in den Sommermonaten die Lacken periodisch austrocknen. Die Salze bleiben im Lackenboden zurück. Sobald sich durch Regenfälle die Becken wieder füllen, löst sich die Sodaschicht im Wasser auf. Insofern gibt es in dem Sinn keine Schwankungen des Salzgehalts, auch wenn der Salzgehalt von der Wassermenge abhängt.
      Für die Pflanzen (Halophyten), die in und um diese Gewässer leben, ist es existenziell wichtig, dass die Sodalacken intakt sind. Hier können nur absolute Spezialisten wie die Salzmelde, der Queller oder die Pannonische Salzaster überleben. Würde die Lacke aussüßen, wären diese in Mitteleuropa einzigartigen Lebensräume verloren.

  3. Meiner Meinung nach müssen die Salzlacken unbedingt erhalten bleiben. Der ökologische Reichtum, der sich darin findet, ist einfach unbezahlbar. Es ist wichtig, dass es Menschen gibt, die sich für die Erhaltung dieser wertvollen Lebensräume einsetzen und sie gegen anderweitige Interessen schützen. Als gebürtigem Mannersdorfer (von der anderen Seite des „Gebirges“) liegt mir diese Landschaft am Herzen.

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